Unterwegs in den Urlaub entwickelt sich während der Fahrt plötzlich ein Gespräch.
Sie: „Hast du die Taucherbrillen für die Kinder, das Schnorchelset, eingepackt?“
Er: „Nein, habe ich nicht.“
Sie: „Oh nein, die Kinder tauchen ja total gerne.“
Er: „Wo waren die überhaupt, die habe ich nicht gesehen. Hättest du doch auch an sie denken können.“
Sie: „Du hast doch die gesamten Strandsachen zusammengestellt und eingeräumt.“
Er: „Du hättest mich doch kontrollieren können und nochmals drüberschauen.“
Sie: „Ich habe ja in der Zwischenzeit die Küchenartikel hergerichtet und zusammen gestellt.“ „Du hättest ja sagen können, dass ich nochmals einen Blick darauf werfen soll, dann wäre es mir aufgefallen, dass sie fehlen. Du weißt doch, dass ich mir die Abläufe immer genau durchdenke, was wir im Urlaub so tun.“
Er: „Aber es ist nicht auf der Liste gestanden. Dort steht nur Strandspielzeug, da denke ich nicht mehr dran.“
Sie: „Wenn du mich aufgefordert hättest zu kontrollieren, wäre es aufgefallen, weil ich in Gedanken auch die Abläufe durchspiele und so die wichtigen Dinge nicht vergesse.“
Er: „Du bist überheblich.“
Sie: „Dann lass mich doch das nächste Mal die Sachen in das Auto einräumen.“
Er: „Ich kann das Schlichten besser.“
Sie: „Wer ist da überheblich – dann bist du aber auch überheblich.“
Dann herrscht Schweigen im Auto. Keiner der beiden sagt mehr ein Wort. Sie blickt verärgert zu Seite. Es ist eine betretene Stille. So sollte es nicht enden – das Gespräch. Solche Auseinandersetzungen kommen sehr selten vor. Schließlich ärgern sich beide, dass all diese Worte gefallen sind.
Das Gespräch führte zu gegenseitigen Vorwürfen. Ärger machte sich im Auto breit.
Jeder Augenblick des Lebens, so wie es ist, stellt den einzigen Lehrmeister dar. Warum?
Es ist leicht auf das zu zeigen, was falsch läuft in unserer Umgebung. Doch wem nützt unsere Schuldzuweisung? Wir geben die Verantwortung ab, statt selbst etwas zu unternehmen, weil wir ja glauben, es ist der Fehler des anderen. Unsere Schuldzuweisung und unser schlechtes Reden sagen mehr über uns aus als über den anderen.
Wie wäre es, wenn wir das nächste Mal, wenn uns auffällt, dass wir schlecht reden, versuchen herauszufinden, was in uns vorgeht. Was spüren wir? Spüren wir Erleichterung, wenn wir an unserem Gegenüber herumkritisieren?
Vielleicht wollen wir dem Gefühl „geringer zu sein“ ausweichen, das uns beschleichen könnte. Wenn wir davon sprechen, dass unser Gegenüber Fehler hat, spüren wir, dass wir nicht alleine sind mit Fehlern und uns dieses Gefühl, selbst Fehler zu haben, nicht hinabzieht. Was ist es, was tief in uns steckt?
Der Alltag bietet uns die Gelegenheit dieser Angelegenheit näher auf den Grund zu gehen. Es ist eine Chance, einen Blick auf unser Verhalten zu werfen. Welchen Nutzen ziehen wir daraus, wenn wir dem anderen Fehlverhalten vorwerfen? Seien wir offen. Welche Gedanken, Gefühle und Körperwahrnehmungen tauchen auf? Es ist die Möglichkeit herauszufinden, was der Kern unseres Verhaltens ist, was uns dazu motiviert so zu agieren.
Wenn wir aufmerksam sind, dann sind wir eher in der Lage, Gegenmaßnahmen einzuleiten. Der Gedanke erscheint nur ganz kurz vor dem Akt des Sprechens. Manchmal ist es schon zu spät und wir nehmen wahr, wie die Worte unseren Mund entschlüpfen. Wie reagieren wir, wenn uns ein Fehler unterläuft?
Wie war es im obigen Beispiel? Kam es sofort zu einer Rechtfertigung? Hat er oder sie jemand anderen dafür verantwortlich gemacht, dass die Schnorchelausrüstung nicht eingepackt war? Was ich damit sagen will, ist, dass die sofortige Rechtfertigung uns rasch in eine Position bringt, in der wir über der Situation stehen.
Was wäre, wenn wir sagen: „Tut mir Leid, ich habe sie vergessen.“ Wir sagen damit die Wahrheit und sind zugleich bescheiden.
Sobald uns wirklich klar ist, dass wir Fehler machen können, erkennen wir echte Bescheidenheit. Und statt zu reagieren, tragen wir der Situation Rechnung, indem wir sagen: „Tut mir Leid.“
Der Alltag kann uns ein wundervoller Lehrer sein. Einen Moment verweilen Hinsehen und Hinhören.
Einfach das wahrzunehmen, was ist. Es ist völlig in Ordnung, nicht überall perfekt zu sein. Wir Menschen sind so. Bleiben wir jedoch offen und präsent. Dies erfordert Mut.
Jeder Augenblick, Leben wie es ist – der einzige Lehrmeister. So können Alltagsgeschehnisse unsere größten Lehrmeister sein.