„Wer will ich sein?“ Haben Sie sich jemals diese Frage gestellt?
Das ist eine sehr mächtige Fragestellung. Es verstrichen mehr als 30 Jahre bis mich dieser Gedanke erstmals sehr tief berührte.
Natürlich fragte ich mich als Teenager, welchen Beruf ich einmal ergreifen sollte. Ich versuchte meine Talente ausfindig zu machen und zu entdecken, welche Tätigkeiten mir Freude machten. Ich steckte mir Ziele und wusste sehr genau, was ich einmal haben wollte. Wer will ich sein – diese Kernfrage tauchte dabei nicht auf. Wenn sie mir damals jemand gestellt hätte, dann wären mit Sicherheit Gedanken der Karriere aufgekommen. Ich will bekannt, berühmt und begehrt sein. Ich hätte wahrscheinlich auch geantwortet, dass ich ein großes Haus haben möchte und mir Dinge kaufen kann, die ich mir wünsche. Das Haben-Wollen war sehr stark mit diesem Thema verknüpft. Wenn ich mich an meine Kindheit zurück erinnere, dann wurde das Wort „Haben“ sehr oft gebraucht. Dazu tauchen freudige Gesichter in meinen Erinnerungen auf, wenn mein Vater ein neues Auto kaufen oder sonstige Anschaffungen tätigen konnte. Das Wort „Sein“ war sehr wenig in Gebrauch. Alles was mit „Sein“ verbunden war, wie höflich und dankbar zu sein, wurde mit einer Selbstverständlichkeit vorausgesetzt und eher so zwischen den Zeilen vermittelt. Unbewusst hatte das Wort „Haben“ für mich eine größere Bedeutung bekommen als das „Sein“. Heute bin ich ein Verfechter des „Seins“. Warum? Das Wort „Sein“ ist ein Meilenstein auf dem Weg zu sich selbst, es führt tief in das eigene Menschsein hinein. Wir sind glücklich, wenn wir ganz bei uns sind.
Es betrifft mich immer sehr, wenn ich in meinem Umfeld mitbekomme, dass Eltern Ihre Kinder mit Geld oder Geschenken belohnen. Folgende Unterredungen sind keine Seltenheit: „Maxi hat gestern wieder eine Ansage mit null Fehlern nach Hause gebracht. Zur Belohnung darf er sich heute ein Geschenk bei Toys`R Us aussuchen.“ Wir machen das anders, erwiderte Robert: „Tommi bekommt für jeden Einser 5 Euro von uns.“ Beide lächeln sehr zufrieden.
„Hört damit auf. Belohnt eure Kinder nicht mit materiellen Geschenken“, schreit es da in mir. Freude in euren Gesichtern über diese guten Leistungen, Lob, Umarmungen berühren eure Kinder in ihrem Sein. Führt sie nicht in eine Motivation des Habens, sondern stärkt ihre innere Fülle.
Ähnliches erlebe ich bei den gut gemeinten Ratschlägen der Eltern an ihre Kinder betreffend ihrer Berufswahl: „Werde Pilot, dann verdienst du viel Geld“, sagte ein Bekannter neulich zu seinem Sohn oder werde Zahnarzt: „Zahnärzte haben immer genügend Geld. Dieses Geschäft geht immer gut.“ Nebenbei erwähnte er: „Meine Kinder sollen es besser haben als ich.“ Da drängt sich mir sofort die Frage auf: „Bedeutet denn besser, zwangsläufig mehr zu haben?“.
Ich plädiere für mehr „Sein“. In der Natur sein. Hilfsbereit sein. Mensch SEIN. Bei sich sein. Im Hier und Jetzt sein. Glücklich sein. Mitfühlend sein. Erkannt sein. In Beziehung sein. Verbunden sein. Liebend sein.
Im SEIN steckt ein unendlicher Reichtum. Gehen Sie für Momente in die Stille und haben Sie den Mut, einfach nur zu sein und nichts zu tun. Körper, Geist und Seele können so zur Einheit finden. In diesen Momenten tritt das Wollen zurück und wir sind einfach. In dieser erlebbaren Glückseligkeit spüren wir die große Verbundenheit mit allem. Es erwächst die Erkenntnis, dass unser Tun nur dem Sein dienen kann. Die Erfahrung aus dem Sein veränderte mein wer will ich sein in der Welt. Glück entsteht immer dann, wenn wir sind. Wenn mein Sohn im Spiel aufgeht, ist er ganz bei sich. Wenn ich anderen helfen kann, BIN ich glücklich. Wenn das wahre Wesen der Kinder von ihren Eltern erkannt wird, sind sie glückselig. Wenn wir im Leid für andere das richtige Wort finden oder die richtige Tat setzen, passiert es aus unserem Verbunden Sein heraus. Treten wir aus dem Haben-Wollen zurück, schaffen wir Raum für das SEIN und üben es. Nähren wir dieses.