Letztes Jahr waren wir nach Weihnachten und über Silvester auf einem Familienretreat in Waldbröl, im „Europäischen Institut für Angewandten Buddhismus“, das von Thich Nhat Hanh gegründet wurde. Ganz bewusst wollten wir als Familie eintauchen in die kollektive Energie der Achtsamkeit und Konzentration.
Ich war schon sehr gespannt. Was würden wir dort wohl alles erleben? Ich konnte sehr viele wunderschöne, einzigartige Erfahrungen in diesem Umfeld machen. Das größte Geschenk wurde uns dort aber immer wieder beim Erklingen der Glocke gemacht.
Sie läutete nicht einmal am Tag, auch nicht zweimal oder dreimal, sondern in etwa jede Viertelstunde erklang sie. Vielleicht war man gerade dabei abzuwaschen oder man ging den langen Korridor entlang oder man spazierte soeben mit seinem Teller zum Buffet. Auf einmal konnte der Gong ans Ohr dringen. Dann stand plötzlich alles still. Niemand bewegte sich mehr in diesem Moment und auch kurz danach hielt diese Ruhe an. Außer dem Klang der Glocke war nichts zu hören. Kinder, die vorher noch spielten, hielten mitten in der Bewegung inne.
Warum war das so ein wundervolles Geschenk für uns bzw. für mich? Ich wurde daran erinnert, zu mir zu kommen, zu meinem wahren Zuhause. In dem Moment konnte ich meinen Atem wahrnehmen, ich war total gegenwärtig. Es war ruhig und friedlich in mir – das spürte ich in diesen Sekunden. Da war ich ganz Ich, tief verbunden. Nach etwa 3 vollen Atemzügen marschierten die Menschen neben mir wieder weiter, Kindertratschen war erneut zu vernehmen und ich hörte auch wieder das Klappern des Geschirrs. Ich setzte meine Bewegung wieder fort. An den beiden ersten Malen wirkte es noch fremd, aber dann entstand so eine wundervolle Gewohnheitsenergie, die mich immer wieder zu mir kommen ließ. So oft am Tag wurde ich daran erinnert, ganz selbst zu sein und mich an mir zu erfreuen. Was für ein Geschenk. Thich Nhat Hanh sagt: „Steh einfach ruhig da und lausche mit ganzem Herzen.“ Ich brauche nur dazu erinnert werden, ein Ruf der Glocke genügt. Wir tragen das Geschenk in uns und ich muss nur eine Gelegenheit schaffen, das zu erleben.
Ein wunderbarer Same wurde in unsere Familie gesät, den ich weiterhin gießen möchte. Wir konnten auf diese Art und Weise so gut in die Übungspraxis der Achtsamkeit eintauchen. Ich bin unendlich dankbar, dass auch unsere Kinder diesen Ruf der Glocke erleben konnten. Wir tragen den Frieden, die Freude und Weisheit in uns – wir müssen uns nur daran erinnern. Der Klang der Glocke wird bei uns zu Hause nun auch öfters erklingen. GONG!